Die berührende Geschichte der Regenbogentruppe
Die Regenbogentruppe zeigt tiefe Einblicke in ein Land vieler Gegensätze und sie ist zugleich ein Abbild der Lebensgeschichte des indonesischen Autors Andrea Hirata. Es ist die Geschichte von Schülern und Lehrern einer Armenschule auf der Insel Belitung in Indonesien. Eine Schule, die geschlossen und später von den Baggern der Zinnabbauindustrie platt gewalzt werden sollte. Doch all dies und einiges mehr können die Schüler und ihre Lehrer verhindern.
Es ist jedoch nicht die Erfolgsgeschichte dieser Armenschule, denn es schaffen es bei weitem nicht alle Schüler, den Weg aus der Armut zu finden. Es ist vielmehr das Bild einer brutalen Realität, in welcher es die ärmsten ungemein schwer haben, aus ihrer Welt auszubrechen. Was wird aus dem Mathematikgenie Lintang? Was aus dem Künstler Mahar? Und wie verläuft das Leben des Erzählers Ikal?
Lest selbst die bewegende und doch so spannende Geschichte der Regenbogentruppe.
Die Regenbogentruppe
Zehn Schüler werden benötigt, um die arme Dorfschule Muhammadiyah vor der Schliessung zu bewahren. Neun Schüler sind es und der Lehrerin Bu Mus kommen die Tränen. Doch da kommt im letzten Augenblick Harun daher, ein Schüler ohne grosse Ambitionen und in diesem Moment der Retter des Unterrichts. Tatsächlich kann nun also der Schulbetrieb starten. Mit der 15-jährigen Lehrerin Bu Mus und dem Lehrer und Schulleiter Pak Harfan sowie den Schülern Ikal, Lintang, Mahar, Sahara, Trapani, Harun, A Kiong, Syahdan, Kucai und Samson – die Regenbogentruppe.
Es sind Töchter und Söhne von Fischern und Minenarbeitern. Kinder, deren Zukunft vorprogrammiert scheint. In einer Welt der Armut – als Fischer, Minenarbeiter oder Postangestellter. Einem Beruf niederer Einkunft. Knapp genug zum Überleben. Eine schulische Bildung ist in dieser Zukunft nicht vorgesehen. Während die Kinder der oberen Schichten auf Schulen wie jene der Bergbaugesellschaft gehen, muss in den armen Familien jedes Mitglied zum Einkommen mithelfen.
Wir rannten zum Filicium und kletterten hinauf, jeder auf seinen gewohnten Ast. Wir taten das jedes Mal, wenn es geregnet hatte, um den Regenbogen zu betrachten. Deswegen nannte uns Bu Mus „die Regenbogentruppe“.
Doch Ikal und seine Freunde – sowie ganz besonders deren Eltern – haben anderes vor. Sie wollen ihre Zukunft selbst gestalten und aus der Armut ausbrechen. Aus diesem Grund gehen sie auf der heruntergekommenen und vor der Schliessung bedrohten Dorfschule zum Unterricht. Damit sie ihren Kindern später einmal ein besseres Leben bieten können. Ein Leben, wo es nicht nur zum das Überleben geht, sondern wo man leben kann.
Die Lehrer
Getragen wird die Schule von zwei inspirierenden Lehrern. Während über 50 Jahren stellte Pak Harfan sein Leben in den Dienst der Muhammadiyah-Schule und stellte die tragende Stütze in der Mitte des Schulzimmers einst selbst hin. Er kämpft bis zu seinem Tod für den Erhalt der Schule, welchen er über Jahre hinweg gemeinsam mit Bu Mus bewältigt.
Es ist die Leidenschaft, zu lehren, welche die beiden antreibt. So wird Bu Mus auch nach der Zeit der Regenbogentruppe und nach dem endgültigen Zerfall der Muhammadiyah-Schule, weiterhin als Lehrerin tätig sein. Auch wenn sie zeitweise die Lehrtätigkeit aufgibt und als Näherin arbeitet. Ihre Lebensaufgabe ist und bleibt, den Kindern mit der schulischen Bildung eine gute Basis für ihre Zukunft zu bieten.
Uns jedoch niederzuwalzen, elf Schüler, angestammte Bewohner von Belitung, Bürger der Republik Indonesien, mitsamt einer fast hundert Jahre alten Dorfschule, war offenbar kein Problem. Es gab kein Gesetz, das dies verbot, und es gab auch kein Gesetz, das uns schützte.
Gemeinsam mit der Regenbogentruppe kämpften die Lehrer gegen den zuständigen Beamten der Behörde, welche die Schule am liebsten sofort schliessen möchte. Doch immer wieder schaffen sie es gemeinsam, ihn davon abzuhalten und den Schulbetrieb weiter zu führen. Auch als Mahar auf die Kurzsichtigkeit des Beamten vertraut und anstatt des Präsidenten und anderer Persönlichkeiten nun John Lennon und Bruce Lee oberhalb der Wandtafel hängen. Selbst die Schaufelradbagger der Bergbaugesellschaft können sie abwehren, welche das Zinn auf dem Boden der Schule abbauen wollen und so das eh schon baufällige Schulgebäude bodeneben machen wollen.
Der Autor
Diese Kämpfe gewinnen sie alle gemeinsam. Und doch schaffen es am Ende nicht alle Schüler der Regenbogentruppe, aus ihrer Bildung Profit zu schlagen. Trapani landet im Irrenhaus, Mahar ist nach wie vor auf der Suche nach seiner Berufung als Schamane und Wahrsager und Lintang fährt im Akkord die Lastwagen der Bergbaugesellschaft und haust erbärmlich am Strand mit den anderen Chaffeuren. Selbst Ikal kann weder Plan A noch Plan B seiner Lebensträume verwirklichen und landet als Postmitarbeiter bei der Briefsortierung.
Doch dann rafft er sich auf, absolviert ein Studium an der Universität in Jakarta und erhält ein Stipendium, um in Paris und London weiter zu studieren. Nach dem Tsunami im Indischen Ozean im Jahre 2004 meldet er sich als freiwilliger Helfer. Auf dem Rückflug erblickt er am Strand eine Lehrerin inmitten der Trümmer auf der Suche nach ihren Schülern.
Ich war sprachlos. Das Mädchen mochte eine Lehrerin sein, die versuchte, die Schüler, die die Katastrophe überlebt hatten, zusammenzurufen. Ich konnte kaum die Tränen zurückhalten. Diese Kraft, dieser Kampfgeist rührten mich, denn ich musste sofort an eine Lehrerin denken, die einmal zu uns gesagt hatte, für einen Lehrer bedeute der Verlust eines einzigen Schülers dasselbe, wie seine halbe Seele zu verlieren.
Dieses Erlebnis erinnert ihn an die Zeit mit der Regenbogentruppe und an seine Lehrerin Bu Mus. Und genau ein solches Erlebnis ist es, welches zum Buch Die Regenbogentruppe geführt hat. Wie Ikal ist der Autor Andrea Hirata auf Belitung geboren und aufgewachsen, studierte an der Universität in Jakarta Wirtschaft und konnte seine Ausbildung dank einem EU-Stipendium in Paris und Sheffield fortsetzen. Und ebenfalls wie Ikal, war Andrea Hirata 2004 als freiwilliger Helfer auf Nordsumatra und begegnete dort einer Lehrerin, die nach ihren verschwundenen Schülern suchte. Dies wurde zum Anlass seines ersten Romans – Die Regenbogentruppe.
Die Buchweltreise
Mit der BUCHweltreise entdecke ich immer wieder neue Autoren, Geschichten und Länder rund um den Globus. Die Regenbogentruppe von Andrea Hirata war ein rein zufälliger und völlig offener Entscheid für mein aktuelles Reiseziel. Doch mit der eindrücklichen und berührenden Geschichte der Regenbogentruppe aus Belitung, Indonesien, wurde ich äusserst positiv überrascht. Man wähnt sich in einem Tatsachenbericht aus aktueller Zeit. Dass der Roman aus dem Jahre 2005 stammt und 2013 auf Deutsch übersetzt wurde, merkt man nicht.
Die Tatsache jedoch, dass zumindest einige Teile der Lebensgeschichte des Autors vorkommen, machen die Geschichte um vielfaches realer. Seit 2010 widmet sich der Autor ganz dem Schreiben. So entstanden weitere Romane, wobei Der Träumer seit 2015 auch auf Deutsch erhältlich ist (Original 2006).
Dieser Beitrag erschien am 18. Juli 2019 im Rahmen der BUCHweltreise auf meinem Blog querdurchdenalltag.com.
Kurzbeschreibung
Wenn der Morgen auf Belitung, Indonesien, graut, kann nichts sie aufhalten. Die Schüler der Regenbogentruppe – Söhne und Töchter von Fischern und Minenarbeitern – wollen nicht eine einzige Unterrichtsstunde verpassen, denn für sie ist die Schule die einzige Möglichkeit, der Armut zu entkommen. Da ist zum Beispiel Lintang, das mathematische Genie, oder Mahar, der Künstler und angehende Schamane. Und Ikal, der seinen Weg macht: von der Armenschule über das Studium in Paris und London zum gefeierten Schriftsteller. Wie Khaled Hosseini in Drachenläufer verarbeitet Andrea Hirata zugleich seine eigene bewegende Geschichte und eröffnet uns dabei tiefe Einsichten in ein zerrissenes Land.
Buchtitel: Die Regenbogentruppe
Erscheinungsdatum: Januar 2013
Autor: Andrea Hirata
Verlag: Hanser Literaturverlage
Haupthandlungsort: Asien, Indonesien, Belitung
Genre: Roman